Schöpfergott von Heliopolis und Verkörperung der Sonne im Zenit

Erscheinungsformen kombiniert mit anderen Gottheiten: Re-Atum, Amun-Re, Re-Harachte, Sobek-Re, Chnum-Re

Verkörperung: Gestalt eines Mannes, oft mit Falkenkopf und gekrönt mit Sonnenscheibe

Hauptkultort: Heliopolis (Unterägypten)

Schreibweise:

Mythologie: Der wohl bedeutenste Gott der gesamten altägyptischen Geschichte war wohl ohne Zweifel der Sonnengott Re. Obwohl er zwar nicht so alt wie andere Gottheiten (z.B. Horus) war, so war Re dennoch eine sehr alte Gottheit, der es gelang, sich während einem langen Zeitraum an der Spitze des ägyptischen Pantheon zu halten. Schon sehr früh verband man ihn mit dem Falkengott, als Morgensonne mit Re-Harachte und als Abendsonne mit Atum. Im Totenbuch ist er sehr häufig vertreten - vor allem mit anderen Gottheiten zu Re-Harachte-Atum-Horus-Chepre verschmolzen. Trotz des kometenhaften Aufstiegs von Amun im Neuen Reich wurde Re nicht verdrängt, sondern vereinigte sich sogar mit diesem zu Amun-Re. Als universelle Gottheit agierte Re im Himmel, auf der Erde und in der Unterwelt und war überdies ein wesentliches Element in den meisten Schöpfungsmythen, wo er als göttlicher Vater und Beschützer des Königs fungierte. Um die umfassende Mythologie dieses Gottes verstehen zu können, muß man Schritt für Schritt vorgehen.

Re im Himmel: Der Gott Nun befahl nach einem alten ägyptischen Mythos der Himmelskuh Nut den Sonnengott als dieser zu alt und müde wurde, auf ihren Rücken zu nehmen. Als die Göttin nun Re über die Erde hob, wurde sie der Himmel und Re König des Firmaments. So bedeutet auch der Name des Gottes schlicht "Sonne" und obwohl man diese auch allgemein für den Körper Res hielt, sah man in ihr auch sein unabhängiges "Auge" und das Schiff für seine tägliche Reise. Der Gott fuhr mit letzterer "Tagesbarke" (Mandjet) täglich von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang den Himmel. Seine Tochter Maat sowie anderen Gottheiten sollen ihn dabei begleitet haben. Aus den Pyramidentexten kennen wir auch den Glauben, daß der verstorbene König zum Himmel aufsteigt, um sich dem Gefolge des Sonnengottes anzuschließen. 

Re auf Erden: Laut der ägyptischen Mythologie soll Re zwar seit frühester Zeit auf Erden regiert haben, aber dennoch war man sich auch der Sonne als Spenderin von Licht und Wärme bewußt. Normalerweise wurde diese Macht der Sonne auf der Erde Re zugeschrieben, aber es gibt auch ein Beispiel dafür, daß der Einfluß des Re auf Erden darin gesehen wurde, daß der Gott angeblich die drei Jahreszeiten des ägyptischen Jahres lenkte. Somit soll er für die jährliche Überschwemmung des Nils und die nachfolgende Anbau- und Erntezeit verantworltich gewesen sein bzw. diese beeinflußt haben. Auch drückte sich die Macht des Re auf Erden durch seine Rolle und Stellung des Herrschers in der Königsideologie aus. 

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Re in der Unterwelt: Wir haben ja schon erfahren, daß Re in seiner "Tagesbarke" das Himmelszelt täglich bereiste. Ähnlich verhielt es sich des Nachts, wo er in seiner "Nachtbarke" (Mesketet) in die Unterwelt eintrat, diese durchfuhr und bei Tagesanbruch wiedergeboren wurde. In den Wänden von Gräbern z.B. im Tal der Könige erfährt man vieles über diese Unterweltreise und auch die Art und Weise wie Re während dieser mit dem Unterweltgott Osiris zusammenarbeitet. Die beiden Gottheiten verschmelzen sogar zu Re-Osiris, bei der Osiris als Leichnam bzw. "Körper" des doppelten Gottes gesehen wird, während re die Ba-Seele vertritt. Der Sonnengott selbst erneuert sich während seiner Nachtreise und besiegt mit Hilfe anderer Gottheiten jede Nacht die Schlange Apophis, den Erzfeind des Re. Auch heißt es, daß der König, genauso wie er den Sonnengott tagsüber auf seiner Reise über das Himmelszelt begleitet, dies auch in der Nacht tut.

Re als Schöpfer: Nach den kosmogonischen Vorstellungen u.a. in Heliopolis war der Sonnengott Re der höchste Schöpfer, der zu Anbeginn der Zeit aus dem Urgewässer emporstieg und die Welt erschuf. Es sind viele Versionen dieses Mythos bekannt und man stellte sich vor, daß Re auf einem Hügel oder einer Lotusblüte entstand, die in Gestalt eines Kindes oder eines Reihers, Falken, Skarabäus oder anderen Geschöpfen aus dem Urwasser aufstieg. Dann machte sich Re daran, alle lebenden Dinge zu erschaffen, wobei es hier auch wiederum verschiedene Versionen gibt. In einer davon erschuf Re den Menschen aus seinen Tränen, die auf die Erde fielen oder in einer anderen schnitt er sich in seinen eigenen Phallus und die beiden Gottheiten Hu ("Ausspruch") und Sia ("Erkenntnis" entsprangen angeblich den Blutstropfen. In allen dieser Mythen ist aber gleich, daß Re sowohl Vater wie auch Mutter darstellte. 

Re als König und Vater des Königs: Gleichzeitig mit dem Erschaffen der Welt begann laut der ägyptischen Mythologie das Königtum und die soziale Ordnung. Somit war Re der erste König sowie der Schöpfer des Königtums und herrschte auf Erden über seine Schöpfung. Schließlich wurde er zu alt und kam in den Himmel, wo er weiter herrschte und als Vorfahr des Königs von Ägypten gesehen wurde. In den Pyramidentexten wurde Re in Verbindung mit Atum als Vater des Königs bezeichnet und während der 5. Dynastie waren die Herrscher angeblich wirklich Söhne des Re, die mit der Gemahlin des Hohepriesters von Heliopolis göttlich gezeugt wurden. Spätestens seit der 5. Dynastie gab es auch die Königstitulatur "Sohn des Re" für den König und die Herrschaft unter Re war gleichbedeutend mit der Herrschaft gemäß der Maat. So wurden z.B. die Hyksos-Herrscher verurteilt und als Könige "ohne Re" bezeichnet. 


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Ikonographie: Die Gestalt von Re ist vielzählig und konnte als glühende Scheibe der Sonne dargestellt werden, die gewöhnlich von einer schützenden Kobra umgeben war und oft ausgestreckte Flügel hatte. Zumeist wurde Re als Mensch mit dem Kopf eines Falken, eines Widders oder Skarabäus dargestellt, aber auch ganz in Tiergestalt, z.B. als Falke mit der Sonnenscheibe auf dem Kopf. Seine verschiedenen Erscheinungsformen waren z.B. Widder, Skarabäus, Phoenix, Reiher, Schlange, Stier, Katze, Löwe und viele andere. Bei der täglichen Darstellung des Re war aber üblich, daß er am Morgen als Käfer, am Mittag als Sonnenscheibe und am Abend als widderköpfiger Mann gezeigt wurde. 

Manchmal verschmolz Re auch mit anderen Gottheiten und wurde dann zu einer Gottheit, die die Aspekte beider Götter in sich vereinte, wie z.B. Osiris-Re, Re-Atum etc. Es gab aber auch noch andere Symbole oder Bildnisse, die den Gott verkörperten. So findet man besonders in den Grabmalereien Darstellungen von Re als Sonnenscheibe, fliegende Geier und gelbe Bänder. Königskartuschen, die vom Ursprung her selbst mit der Sonne zusammenhingen, wurden ebenfalls manchmal zusammen mit rein solaren Symbolen benutzt, um die Verschmelzung des verstorbenen Königs mit dem Sonnengott auf der Unterweltsreise anzudeuten. Formen wie Pyramide, Benben, Treppenaufgang, Hügel und Obelisk wurden ebenfalls in der ägyptischen religiösen Ikonographie genutzt und symbolisierten die Macht des Sonnengottes. 

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Kult: Ein Kult des Re ist bereits seit der 2. Dynastie belegt und während der 4. Dynastie erreichte die Verehrung des Gottes offenbar einen vorübergehenden Höhepunkt. Seit der Zeit von Pharao Chephren übernamen die Herrscher den Titel "Sohn des Re" als Beinamen und banden sich mit Bauwerken wie den Pyramiden deutlich an diesen Gott. Bis zur 5. Dynastie hatte Re den Status eines Reichsgottes erreicht und wurde offziell als Oberhaupt des ägyptischen Pantheon gesehen. Der Bau von Sonnentempeln nahm zu, die in ihrer Form dem sog. Benben-Schrein nahe kamen.

Der Kult des Re konzentrierte sich zwar hauptsächlich auf Heliopolis, aber ihm wurde ohne Zweifel überall im Land gehuldigt. Die Sonnenreligion erlebte zwar immer wieder deutliche Höhepunkte, aber der Kern ihrer wichtigen Bedeutung blieb während der gesamten dynastischen Geschichte des Landes bestehen. Es wurden immer wieder Bauwerke für ihn errichtet und wurde auch in den Tempeln anderer Gottheiten gewürdigt. Im Neuen Reich erfuhr Re unter Amenhotep III. eine besondere Blütezeit und ihm zu Ehren wurden prächtige Sonnentempel und -höfe errichtet. Diese Herrschaft ging ja bekanntlich der des Echnaton voraus, der den Sonnengott in seiner Gestalt als Sonnenscheibe als einzigen Gott etablieren wollte. Trotz des Scheiterns der Amarnazeit blieb die Stellung des Re von großer Bedeutung.

Obwohl Re besonders im Herrscherhaus Ansehen genoß, mangelte es ihm auch nicht an Verehrung im einfachen Volk. Der Gott war auf vielen Amuletten vertreten und wurde auch bei der Namensgebung von einfachen Leuten berücksichtigt. Auch fanden Zeichen der Verehrung des Re ihren Weg in die Grabaustattung der Bürgerlichen.